\"Domain-Grabbing\"

Wann liegt es vor und was sind die Rechtsfolgen? Das Landgericht Hamburg hat hierzu einen neuen Denkanstoß geliefert.

„Grabbing“ bedeutet „aufnehmen, zufassen“ – wenn wir bei der engl. Übersetzung bleiben. Der böse Domain-Grabber „packt zu“, registriert eine Domain allein in der Absicht, die Domain z.B. einem Markeninhaber zu verkaufen. Die täglich mit Domainstreitigkeiten befassten Gerichte sind sehr vorsichtig damit, über die Auseinandersetzung „Domain-Grabbing“ zu schreiben. Denn „Domain-Grabbing“ muss der Kläger beweisen und die Messlatte liegt hoch. Denn im Falle des „Domain-Grabbings“ muss die Domain freigegeben werden. Soweit die Theorie.

Doch so einfach ist die Sache nicht. Seit der Entscheidung des BGH
(Urteil vom 19.07.2007, Az. I ZR 137/04 – Euro-Telekom) und des OGH in Wien (Urteil vom 02.10.2007, Az.: 17 Ob 13/07x – amade.at III ***wir berichteten***) besteht ein marken- bzw. unternehmenskennzeichenrechtlicher Domain-Löschungsanspruch bekanntlich nur, wenn schon das Halten des Domain-Namens für sich gesehen eine Rechtsverletzung darstellt – wenn also überhaupt keine rechtmäßige Verwendung der Domain mehr denkbar ist. Wenn also auch das Einstellen von hässlichen Urlaubsfotos auf der Webseite schon eine Rechtsverletzung darstellt und dem Domaininhaber so überhaupt keine plausible Geschichte mehr einfällt, was er mit der Domain vor hat. Das ist selten der Fall. Nur bei sehr bekannten Marken, die als Domain oder auch als Tippfehlerdomain registriert wird, ist das eindeutig der Fall. 

Das Landgericht Hamburg (Urteil vom 12.08.2008, Az. 312 O 64/08) musste jetzt aktuell folgenden Fall entscheiden:

Unter der Domain area45cycles.de bot der Kläger seine Waren im Internet an. Am 30. Oktober 2007 meldete er beim Deutschen Patent- und Markenamt die Wortmarke "Area 45 Cycles" an. Diese Mare wurde am 09. Januar 2008 eingetragen unter anderem für Waren der Klasse 12 "Motorräder, sowie deren Zubehör und Teile" und der Klasse 41 "Konzeption, Organisation und Durchführung von Motorradveranstaltungen". Der Beklagte verkauft unter der Bezeichnung "Evil Cycles" ebenfalls Motorräder und präsentiert seine Angebote im Internet unter der Domain evilcycles.de. Außerdem registrierte der Beklagte im März 2007 die Domain area45 cycles.com. Das stellte der Kläger im Oktober 2007 fest und mahnte den Beklagten ab. Kurz nach Erhalt der Abmahnung registrierte der Beklagte ganz rustikal gleich auch noch die Domains area45cycles.info, area45cycles.biz, area45cycles.net, area45cycles.org, area45cycles.eu, area45cycles.mobi, area45cycles.nl und area45cycles.es.

Während des Gerichtsverfahrens übertrug der Beklagte einige Domains auf einen Dritten. Der Beklagte behielt nur die Domains area45cycles.eu, area45cycles .mobi und area45cycles.es.

Der Beklagte meint, dass der Kläger sich auf kein Kennzeichenrecht berufen könne.  "45 Cycle" habe keine Kennzeichnungskraft, da es ein in der Harley Davidson Szene bekannter Begriff für die Anordnung der Zylinder sei. Zudem sei „45 Cycle“
der Name eines Motorrades.

Das Landgericht wies die Klage teilweise als unbegründet ab.
Ein Anspruch auf Löschung der Domains aus Markenrecht lehnt das LG Hamburg ab und verwies dabei auf die BGH-Entscheidung Euro-Telekom.

Doch jetzt wird es spannend:

Das Landgericht Hamburg nimmt in diesem Fall teilweise „Domain-Grabbing“ an und  stützt den Löschungsanspruch auf § 4 Nr. 10 UWG. Nach dieser gesetzlichen Vorschrift handelt unlauter, wer Mitbewerber gezielt behindert. 
Domain-Grabbing bejaht das Gericht jedoch nur bei der .eu- und der .mobi-Domain, die nach Auffassung des Gerichtes „typischerweise auch für in Deutschland abgerufene Internetangebote genutzte Endungen“ sind.
Bei diesen beiden Domains hat nach Auffassung des LG Hamburg der Domaininhaber kein eigenes Interesse an den Domains. Erschwerend hinzu kommt, dass der Beklagte die Domains sofort nach Erhalt der Abmahnung registriert hat.

Bei der Domain mit der spanischen Endung .es liegt nach Auffassung des Gerichtes „wegen des Auslandsbezugs der Endung“ jedoch kein Domain-Grabbing vor, da der Kläger aus Sicht des Gerichtes nicht darlegen konnte, inwieweit er durch diese Domain im Wettbewerb behindert wird.

Dass eine gewisse Tendenz in der domainrechtlichen Judikatur besteht, dem TopLevel eine Bedeutung zuzubilligen, darüber haben wir hier schon berichtet. Im Hinblick auf die Fallgruppe „Domain-Grabbing“ kann dieser Ansatz aber nicht recht überzeugen – denn ein „bisschen Schädigungsabsicht“ gibt es ebenso wenig wie ein „bisschen schwanger“.  Überzeugender wäre es wohl gewesen, in diesem Fall den Anspruch des Klägers dann ergänzend auf §§ 823,826 BGB zu stützen.
 

Ulrich Luckhaus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei Greyhills Rechtsanwälte und Spezialist für Domain- und Markenrecht  www.greyhills.eu